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Säuglings- und Kindesalter
Im Leben ankommen

Neun Monate haben die Eltern freudig gewartet und nun ist es da: das Baby. Eine aufregende und herausfordernde Zeit beginnt – für die Eltern und das Baby. Den Eltern schenkt der Säugling jede Menge Glücksmomente, er führt aber auch dazu, dass sie wenig schlafen, weniger Zeit zum Essen oder Duschen haben, ganz zu schweigen davon, mal in Ruhe die Zeitung zu lesen. Das kann Eltern an den Rand ihrer Kräfte bringen. Babys schenken große Nähe, sie strahlen und lachen umwerfend, sie können aber auch sehr anstrengend sein.

Auch das Baby muss in den ersten Lebensmonaten sehr viel lernen. Eine riesige unbekannte Welt will entdeckt und verstanden werden und diese Welt ist so völlig anders als der Bauch der Mutter. Das ist gar nicht so einfach. Die simpelsten Dinge sind enorm kompliziert: regelmäßig schlafen, Milch oder Brei essen, ohne zu viel Luft zu schlucken, Bäuerchen machen, verdauen, wieder schlafen. Im Bettchen ist es warm, draußen kälter, ein Auspuff knattert, es riecht nach Pommes. Da kann ein Baby schon mal »abwägen«: Was passiert da gerade alles? Gefällt mir das oder brülle ich mal? Nicht selten ist den Babys dieses neue Leben außerhalb des Mutterbauchs am Anfang zu viel. Sie schlafen schlecht, klammern, schreien. 

Mein Baby schreit sehr viel

Säuglinge und Kleinkinder quengeln, weinen und schreien – weil sie sich noch gar nicht anders äußern können. Sie haben noch keine andere Möglichkeit, mitzuteilen, wenn sie sich unwohl fühlen, wenn sie müde sind, Hunger haben, die Windel voll ist oder sie Nähe brauchen. Säuglinge schreien aber auch ohne nachvollziehbaren Grund, vor allem in den Abendstunden. Manche schreien besonders viel und mehr als andere, manche sogar mehr als drei Stunden pro Tag, an mehr als drei Tagen pro Woche, über mehr als drei Wochen. Fachleute sprechen dann von »übermäßigem Schreien«. Das ist allerdings gar nicht so selten. In den ersten drei Monaten brüllt fast jedes zehnte Kind sehr viel. Dies dauert allerdings selten länger als sechs Monate. Das Schreien verschwindet häufig genauso unerklärlich, wie es gekommen ist. 


Viele Eltern versetzt das Schreien des Kindes jedoch in einen Alarmzustand. Es fällt ihnen schwer, das Brüllen des Kindes auszuhalten. Der lautstarke Protest des Kindes überfordert sie und bringt sie an den Rand ihrer nervlichen Kräfte. Dann brauchen Eltern Unterstützung – durch Freund*innen und Familie oder auch Expert*innen. Haben die Eltern das Gefühl, das häufige Schreien nicht mehr ertragen zu können, oder dauert es länger als drei Monate, sollten sie sich professionelle Hilfe suchen. Sogenannte Schreibabys sind oft sehr sensible Babys. Sie reagieren empfindlich auf neue Eindrücke und Unruhe in ihrer Umgebung. Ein ruhiger und geregelter Tagesablauf kann dann helfen, sie zu beruhigen.

Wo finden wir Hilfe?

Mein Baby schläft sehr schlecht

In den ersten zwölf Monaten schlafen die allermeisten Babys sehr unregelmäßig. Das ist völlig normal. Babys müssen in viel kürzeren Abständen als ältere Kinder Nahrung zu sich nehmen und werden wach, wenn sie Hunger haben. Auch, wenn sie nicht mehr alle paar Stunden Nahrung zu sich nehmen müssen, dauert es noch einige Zeit, bis Kinder einen regelmäßigen Schlafrhythmus entwickeln. Deshalb sprechen Expert*innen in den ersten zwölf Monaten gar nicht erst von Schlafproblemen oder -störungen. 


Wenn das Kind älter als ein Jahr ist, kann das Kind Schlafprobleme haben, etwa wenn es meist mehr als eine Stunde zum Einschlafen benötigt oder es bis zu zehn Mal und mehr in der Nacht aufwacht. Selbst Expert*innen sind sich nicht einig, was Eltern tun können, um ihren Kindern das Ein- und Durchschlafen zu erleichtern. Einige sind der Meinung, dass Kinder im Familienbett schlafen dürfen (und sollten), solange sie das möchten. Allerdings sollten die Eltern auch dafür sorgen, dass sie ausreichend Schlaf bekommen, insbesondere wenn sie selbst leicht aufwachen oder unter Schlafstörungen leiden. Andere Expert*innen meinen, dass auch schon kleine Kinder lernen können (und sollten), allein ein- und durchzuschlafen. Jede Familie muss deshalb ihren eigenen Weg finden und ausprobieren, was bei ihr funktioniert. Wichtig ist, dass die Bedürfnisse der Eltern genauso viel Gewicht haben sollten, wie die des Kindes. Können die Eltern nicht schlafen, wenn ihr Kind mit in ihrem Bett liegt, kann es ratsam sein, das Kind schon früh sanft an das eigene Bett zu gewöhnen. Wenn Eltern jedoch abends gerne mit ihrem Kind so lange kuscheln, bis es eingeschlafen ist, spricht nichts dagegen. Manche Familien sind einfach gerne alle zusammen in einem großen Bett. Wenn keine Lösung gefunden werden kann, mit der Eltern und Kinder zurechtkommen, kann es hilfreich sein, sich professionellen Rat zu holen.

Wo finden wir Hilfe?

Mein Baby isst oder trinkt schlecht

Manche Babys wollen nicht essen oder essen sehr langsam. Das ist nicht selten. Jedes vierte Kind im ersten Lebensjahr isst schlecht. Wenn es essen soll, dreht es den Kopf weg, beginnt zu weinen oder spuckt den Brei wieder aus. Das kann viele Gründe haben: Manche Kinder mögen die Beschaffenheit von Brei nicht und essen erst dann richtig, wenn sie genügend Zähne haben, um feste Nahrung zu zerkauen. Andere Kinder finden die Welt so spannend, dass sie Essen als reine Zeitverschwendung empfinden. 


Wenn Kinder nicht essen, werden Eltern nervös und versuchen, das Kind zum Essen zu bringen, zum Beispiel mit Ablenkung oder Druck. Dies kann jedoch dazu führen, dass sich das Kind noch stärker gegen das Essen wehrt und die Eltern wiederum noch angespannter werden. Die Familie gerät dann in einen Teufelskreis, der die Probleme nur vergrößert. Wenn das Kind länger als vier Wochen nicht richtig isst und sogar Gewicht verliert, ist es ratsam eine Kinderärzt*in aufzusuchen. Auch eine Beratung in einer »Babyambulanz«, manchmal auch als »Schreiambulanz« oder »Regulationssprechstunde« bezeichnet, kann hilfreich sein.

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Ich kann nicht mehr!

Für die meisten Eltern ist das Leben mit einem Baby eine enorme Umstellung. In vielen Filmen und Fernsehserien tauchen jedoch meist glückliche Mütter mit zufrieden lachenden Babys auf. Viele Eltern haben deshalb Schuldgefühle, wenn sie sich manchmal ihr altes Leben ohne Kind zurückwünschen. Dabei zeigt der Wunsch nur, dass sie vor ihrem Kind ein Leben geführt haben, das ihnen gefallen hat und zu dem sie sich ab und zu zurücksehnen. Daran ist nichts falsch. Außerdem brauchen auch Eltern Auszeiten. Die wenigsten Menschen sind dafür gemacht, ständig für andere da zu sein. Insbesondere, wenn Eltern ein Baby haben, das viel schreit und wenig schläft, brauchen sie häufig Unterstützung. Dann können Gespräche mit Fachleuten helfen.

Wo finden wir Hilfe? 

Wochenbett-Depression

Manche Mütter haben einen »Baby-Blues«. Dies ist eine Phase gedrückter Stimmung nach der Geburt. Bei den meisten Müttern dauert sie nur kurz an und geht von selbst vorüber, wenn sich die Dinge einspielen. Bei circa 15 von 100 Frauen ist dies aber nicht so. Sie erkranken nach der Geburt an einer Depression, der sogenannten Wochenbett-Depression. Andere Mütter leiden unter Ängsten und Zwängen und ganz selten können die Mütter nicht mehr zwischen real und vorgestellt unterscheiden und sie bekommen Halluzinationen. Sie erkranken an einer »postpartalen Psychose«. 

Wenn bei Müttern die psychischen Beschwerden nach der Geburt länger als ein paar Tage dauern, sollten sie ihre Frauenärzt*in oder ihre Hebamme um Rat fragen oder ein Gespräch bei eine Psychotherapeut*in oder einer Psychiater*in vereinbaren. Weitere Hilfsangebote wie zum Beispiel Selbsthilfegruppen finden Sie hier:

www.schatten-und-licht.de


Vielerorts gibt es auch spezialisierte Kliniken für psychische Störungen nach der Geburt. Eine Übersicht finden Sie hier:

www.marce-gesellschaft.de/adressen


Auch Väter können von der neuen Situation überfordert sein und nach der Geburt ihres Kindes psychisch erkranken. Depressionen nach der Geburt kommen bei ihnen halb so häufig vor wie bei Müttern. Häufig sind die Ursachen, dass sich Paarprobleme verschärfen oder sie bereits vorher psychisch erkrankt waren. Auch die Wochenbett-Depression der Mutter und die Hauptverantwortung für das Baby können Väter so belasten, dass sie depressiv erkranken. 

Erste-Hilfe-Tipps für Eltern

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Sie müssen keine perfekten Eltern sein! 

Säuglinge sind nicht nur süß, sondern können auch sehr anstrengend sein. Insbesondere dann, wenn sie schlecht schlafen, essen oder viel weinen. Sie müssen nicht mit allen Situationen perfekt umgehen können. Eltern dürfen auch mal genervt sein und sich ihr früheres Leben ohne Kind zurückwünschen. Das geht vielen Eltern so und macht Sie nicht zu schlechten Eltern.


Kümmern Sie sich auch um sich selbst! 

Nehmen Sie sich Auszeiten. Mangelnder Schlaf und schreiende Babys können auf Dauer die letzten Kräfte rauben. Jeder Mensch – auch junge Mütter und Väter – brauchen Zeit, wieder Kraft zu tanken. Organisieren Sie sich eine freie Stunde und machen das, was Ihnen guttut. Das Kind sollte dabei in guten Händen sein, damit Sie sich keine Sorgen machen und abschalten können. 


Suchen Sie sich Unterstützung bei Familie und Freund*innen! 

Ein afrikanisches Sprichwort besagt: »Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf«. Es kann sehr hilfreich sein, die Versorgung und die Verantwortung für das Baby stundenweise an andere Personen abzugeben, denen Sie vertrauen. Das gibt Ihnen Freiraum, um sich um sich selbst – und Ihre Partnerschaft – zu kümmern.

Wo finden wir Hilfe?

  • Ihre Kinderärzt*in 

Die erste Ansprechperson bei Problemen mit Ihrem Säugling ist Ihre Kinderärzt*in. Sie kann klären, ob es eine körperliche Ursache dafür gibt, dass Ihr Kind viel schreit, schlecht schläft oder schlecht isst. Außerdem kann sie Ihnen Tipps für den Umgang mit dem Baby geben. Wenn weitere Hilfe notwendig ist, kann sie Sie dabei unterstützen, diese zu finden.


  • Erziehungs- und Familienberatungsstellen

Auch in Erziehungs- und Familienberatungsstellen finden Sie kurzfristig Hilfe, wenn Sie mit Ihrem Baby überfordert sind. Auf der Internetseite der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung können Sie Erziehungs- und Familienberatungsstellen in Ihrer Nähe suchen (Beratungsstellen-Suche nach Postleitzahlen):

www.bke.de


  • Frühe Hilfen

Frühe Hilfen sind Angebote für Eltern ab der Schwangerschaft und Familien mit Kindern bis drei Jahre. Frühe Hilfen richten sich insbesondere an Familien, die das Gefühl haben, im Alltag mit Kind überfordert zu sein, und sich Unterstützung wünschen. Auf der Internetseite des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen können Sie solche Angebote in Ihrer Nähe suchen:

www.elternsein.info/fruehe-hilfen/unterstuetzung-finden


  • Ambulanzen für frühkindliche Regulationsstörungen 

Sogenannte »Schreiambulanzen«, manchmal auch als »Babyambulanzen«, »Babysprechstunden« oder »Regulationssprechstunden« bezeichnet, beraten Eltern, wenn ihr Baby oder Kleinkind viel und lange weint, schlecht schläft oder schlecht trinkt und isst. Ein solches Angebot in Ihrer Nähe können Sie über die Elternseite des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen finden:

www.elternsein.info/suche-schreiambulanzen/


  • Anonyme und kostenlose Beratung

Manche Eltern möchten sich auch erst einmal anonym beraten lassen. Dies ist über das Elterntelefon »Nummer gegen Kummer« (08 00 1 11 05 50) und die Online-Elternberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung möglich:

www.elternsein.info/beratung-anonym/beratung-fuer-eltern-anonym-und-kostenlos/


  • Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen

Auch Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen können Sie bei langanhaltenden und ausgeprägten Problemen mit Ihrem Säugling kontaktieren. Wie Sie hierbei vorgehen, können Sie im Kapitel »Ablauf einer Psychotherapie« nachlesen.

Wenn Sie mehr wissen wollen




  • Elterninformationen zu Schreibabys der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin:

www.dgkj.de/eltern/dgkj-elterninformationen/elterninfo-schreibaby


  • Elterninformationen zu Schlafproblemen der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin:

www.dgkj.de/eltern/dgkj-elterninformationen/elterninfo-kind-schlaeft-nicht


  • Informationen zur Wochenbett-Depression 

www.gesundheitsinformation.de/depression-nach-der-geburt-was-kann-helfen.html

postpartale-depression.ch/de/informationen/fokusthemen/item/vaeter-und-postnatale-depressionen.html

www.aok.de/bw-gesundnah/psyche-und-seele/wochenbettdepression-bei-maennern


  • Exzessives Schreien, Schlaf- und Fütterstörungen – Informationen für Eltern und Erzieher. Bolten, Möhler & von Gontard (2013). Göttingen: Hogrefe (kostenpflichtig).

Erfahrungsbericht

Wenn das Baby Brust und Flasche verweigert

Über das Gefühl, als Mutter nicht versorgen zu können.

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